Redaktionsstatuten

Redaktionsstatuten

Ethik in der Medienpraxis

Gleich am Beginn unserer CSR-Strategie haben wir ein heißes Eisen angefasst und uns intensiv mit dem Trennungsgrundsatz beschäftigt.  

Der Begriff „Trennungsgrundsatz" steht für die gesetzlich gebotene Abgrenzung von redaktionellen Beiträgen und Werbung, oder besser gesagt „Schleichwerbung“, denn wenn Leserinnen und Leser den Unterschied zwischen bezahlten und nicht bezahlten Inhalten nicht mehr klar erkennen können oder wenn dieser Unterschied bewusst verschleiert wird, handelt es sich um einen Verstoß gegen das Mediengesetz. Dort heißt es im Paragraph 26: „Ankündigungen, Empfehlungen sowie sonstige Beiträge und Berichte, für deren Veröffentlichung ein Entgelt geleistet wird, müssen in periodischen Medien als ‚Anzeige‘, ‚entgeltliche Einschaltung‘ oder ‚Werbung‘ gekennzeichnet sein, es sei denn, dass Zweifel über die Entgeltlichkeit durch Gestaltung oder Anordnung ausgeschlossen werden können.“ Klassische Anzeigensujets lassen keine Zweifel über deren Entgeltlichkeit aufkommen. Es geht also um die redaktionell aufgemachten Inhalte, für die bezahlt wurde, und die als solche gekennzeichnet werden müssen.

Oftmals ist aber genau diese Trennung in der Medienpraxis unzureichend, in vielen Fällen ist sie überhaupt nicht vorhanden, und manchmal hat sie sogar System. Da werden im Zuge des Anzeigenverkaufs redaktionelle Beiträge versprochen, sogenannte Koppelgeschäfte, oder es fließt Geld für redaktionelle Beiträge, getarnt als „Druckkostenbeitrag“ oder „Fotogebühr“. Ohne Bezahlung, also nach rein redaktionellen Kriterien, würden die Beiträge wohl nie erscheinen. Nicht selten wird überhaupt gleich der Pressetext aus der Public Relations Abteilung des Kunden 1:1 übernommen und den Lesern ohne Kennzeichnung als Fachjournalismus vorgesetzt. Aber wir wollen nicht mit dem Finger auf andere zeigen, sondern vor der eigenen Türe kehren und unser eigenes Handeln kritisch hinterfragen.

Qualitätsfachjournalismus als Ziel

Nach Eröffnung der Debatte im Verlag war schnell klar: Das ist ein schwieriges Thema, wir wollen es aber lösen. Wir wollen echten, qualitativ hochwertigen Fachjournalismus machen. Wir wollen wertvolle Medien produzieren, die wegen ihres Lesernutzens am Anzeigenmarkt erfolgreich sind und nicht weil sie billig PR veröffentlichen. Die Redaktionsmitglieder des Wirtschaftsverlags hatten das als Teil ihres Selbstverständnisses sehr wohl im Blut, es war aber allen sehr willkommen, den Umgang mit diesem Thema im Rahmen einer ausgiebigen Ethikdiskussion ein für alle Mal zu präzisieren und ein entsprechendes Regelwerk zu verabschieden, an das sich dann auch alle halten müssen. Am Ende sollte dieser Prozess nicht nur die sogenannte „Legal Compliance“ in puncto Mediengesetz herstellen, sondern auch einen Wettbewerbsvorteil erzeugen, eine Abgrenzung zu jenen Mitbewerbern, die es mit der Qualität ihrer Inhalte nicht so genau nehmen.

Redaktionsstatuten und Richtlinien

Die Überlegungen der Arbeitsgruppe mündeten in einem Redaktionsstatut, das Anfang 2013 offiziell verabschiedet wurde und im Wesentlichen aus folgenden Bereichen besteht:

  • eine Präambel formuliert Grundlagen über das Selbstverständnis, die Tradition und die Leitwerte der redaktionellen Arbeit im Verlag
  • entlang des Ehrenkodex der Österreichischen Presse werden Verhaltensweisen und Richtlinien für die journalistische Arbeit definiert
  • der Bereich Compliance enthält Richtlinien zu Transparenz, Geschenkannahme und Antikorruption
  • ein Anhang enthält detaillierte Qualitätskriterien für Fachjournalismus sowie Standards für Workflows
  • der praktische Umgang mit dem Trennungsgrundsatz zur Einhaltung des Paragraph 26 Mediengesetz wird klar geregelt

Im Kern ist die Sache simpel: Wir kennen nur zwei Formen von Flächen in unseren Medien, bezahlte und unbezahlte. Die bezahlten sind entweder Werbesujets oder korrekt zu kennzeichnende sogenannte Advertorials. Die unbezahlten sind ausnahmslos Sache der Redaktion. Anzeigenverkäufern ist es strikt untersagt, redaktionelle Leistungen ins Spiel zu bringen. Die Chefredaktion allein entscheidet über die Auswahl, die Form, den Zeitpunkt und die sprachliche Gestaltung der Inhalte. In der Praxis ist der Umgang mit dem Thema schon komplexer: Das Verabschieden von Statuten und Richtlinien stellt noch nicht automatisch sicher, dass diese auch gelebt werden. Deshalb beschäftigt uns das Thema in der täglichen Medienpraxis, die Statuten haben sich aber als taugliche Messlatte für unser Handeln erwiesen und ganz nebenbei unser Selbstvertrauen gestärkt und die Wertschätzung der fachjournalistischen Arbeit unterstrichen.

 

Sie können die Redaktionsstatuten hier downloaden.